Portugal – der Norden
Beim Überqueren einer Grenze in ein neues, bisher unbekanntes Land vergleicht man unwillkürlich Eindrücke mit dem, was man von zuhause oder aus dem zuletzt bereisten Land kennt. Und so fiel uns in Portugal so einiges auf – manches charmant, manches… nennen wir es „gewöhnungsbedürftig“.
Als Radfahrende stellten wir schnell einen deutlichen Unterschied zu Spanien fest: Während die Autofahrenden dort eher defensiv und rücksichtsvoll unterwegs sind, gelten Radfahrende in Portugal offenbar eher als lästiges rollendes Hindernis, das den Verkehrsfluss behindert und möglichst schnell überholt werden muss. Minimaler Abstand ist kein Problem, soll das Hindernis doch weiter rechts fahren, da gibt es schliesslich noch Sträucher und anderes Gehölz, das im Notfall den Sturz abfedern könnte. Ausweichen oder gar Bremsen ist völlig unnötig und sorgt zudem für erhöhten Spritverbrauch und Abnutzung von Bremsbelägen und Reifen.
Ganz so schlimm ist es nicht, aber der Unterschied zu Spanien ist doch frappierend.
Erschwerend kommt hinzu, dass im Norden abseits der Hauptstraßen fast ausschließlich Kopfsteinpflaster liegt. Lediglich die großen Hauptstraßen sind geteert, der Rest mit für Radfahrende unangenehmem Kopfsteinpflaster belegt. Da kann man zwischen langsamer und sehr unangenehmer Fahrt auf Nebenstraßen oder todesmutiger Fahrt in normaler Geschwindigkeit auf der Haupstraße wählen. Da sich nach spätestens drei Kilometern Kopfsteinpflaster zuverlässig schlechte Laune einstellt, haben wir uns oft für die Hauptstraße entschieden.
Erst weiter südlich gibt es die weitgehend schön ausgebaute Eurovelo-1-Atlantik-Küstenroute, die der Küste entlang führt und geteert ist. 🙂
Eine weitere Auffälligkeit ist die geänderte Kopfbewegung beim Grüßen. Nach wochenlang langwierig antrainiertem „Kopfhoch“-Grüßen in Spanien heißt es jetzt stattdessen wieder Kopfnicken. Abwechslung für die Nackenmuskeln tut gut, mal sehen welche Bewegungsinnovation als nächstes kommt.
Ein Dauerbrenner auf einer Radreise ist die Versorgung mit ausreichend Kalorien. In Portugal heißt die Antwort darauf „Pastel de Nata“. Diese kleinen Blätterteig-Bomben gibt es praktischer Weise an jeder Ecke, und sie liefern zuverlässig alles, was der Körper und vor allem die Seele braucht. Ohne tägliche Kilometer würden wir wahrscheinlich kugelrund nach Hause rollen.
Kommen wir zu einem sehr deutschen Thema, der Mülltrennung. Hier waren die südeuropäischen Länder ja lange Zeit eher zurückhaltend unterwegs, aber das hat sich grundlegend geändert. Bereits in Spanien hat sich das Gelb-, Grün-, Blau- und Schwarz-System (gelb – Verpackung, grün – Glas, blau – Papier und schwarz – Restmüll) als durchgehend etabliert gezeigt, in Portugal wird es definitiv zur Vollendung gebracht. Hier steht gefühlt an jeder Ecke ein Viererpack Mülleimer, die sowohl bei den Tüten als auch bei den Behältnissen selbst farblich codiert sind. Vermutlich wird das Farbsystem mittlerweile spätestens im Kindergarten vermittelt.
Auffällig war auch die hohe Zahl deutscher und anderer ausländischer Touristen. In Spanien hatten wir unterwegs und auf den Campingplätzen nur selten nichtspanische Autokennzeichen gesehen, doch kaum über die Grenze nahm der Anteil merklich zu. Bereits auf dem zweiten Campingplatz stießen wir dann auch gleich auf ein Wohnmobil mit Karlsruher Kennzeichen (Sabine und Ulf in Bilbao zählen nicht).
Am dritten Tag in Portugal erreichten wir schließlich die wunderschöne Stadt Porto. Dort gönnten wir uns zwei Tage Auszeit im Hotel und ließen die Atmosphäre auf uns wirken. Ein besonderes Highlight war der Besuch in einem Portweinkeller – selbstverständlich mit anschließender Verkostung.
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