Um nach Galizien zu gelangen, muss man als Wandernder oder Radfahrender die Brücke über die Bucht von Ribadeo bzw. den Grenzfluss Eo überqueren. Das klingt zunächst unspektakulär, ist in Wirklichkeit aber nichts für schwache Nerven. Der schmale Weg, kaum einen Meter breit, wurde an die rund 500 Meter lange Autobahnbrücke „angeheftet“. Links rauschen in nur einem Meter Entfernung die großen LKWs vorbei, rechts schützt lediglich ein sehr niedriges Geländer. Mein Lenker und sogar mein Sattel ragten höher hinaus als diese dürftige Sicherung. Dazu wehte ein kräftiger Wind. Ich, der normalerweise NIE absteigt, habe es hier doch vorgezogen zu schieben.

Der gruselige Weg über den Eo

 

Noch lacht Katrin …

 

Entlang der Nordküste ging es weiter bis nach O Barqueiro, dem nördlichsten Punkt unserer Reise durch Spanien. Bei Cedeira, unserem nordwestlichsten Ziel, verbrachten wir nach vielen Wochen erstmals eine Nacht in einem Hotel – und was für einem: Petra und Manuel haben sich hier in den Bergen vor neun Jahren ein altes Haus gekauft, liebevoll restauriert und mit sechs Katzen zu einem gemütlichen Zuhause gemacht, das sie nun auch mit Gästen teilen. Es war unser letzter Tag, bevor wir die Richtung wechselten: Von nun an führte uns der Weg nicht mehr nach Westen, sondern nach Süden.

Kaum hatten wir die Richtung gewechselt und die Berge hinter uns gelassen, wurde es spürbar wärmer. Den ersten Abend in Richtung Süden verbrachten wir auf einem Campingplatz mit gleich zwei Stränden und erlebten dort einen traumhaften Sonnenuntergang an der Westküste.

Am nächsten Tag erreichten wir A Coruña – endlich wieder städtische Infrastruktur. Und wieder einmal ein Hotel: vier Sterne, ein riesiges Bett, in dem wir uns beinahe verloren haben.

Als nächstes Etappenziel lockte der Praia de Baldaio, ein endlos weiter Sandstrand, bevor es am nächsten Tag rund 1000 Höhenmeter und 65 km bis hinauf nach Santiago des Compostela ging. Wir sind zwar keine Pilger im eigentlichen Sinne, doch nach so vielen „buen camino“ unterwegs und so vielen gemeinsam geteilten Kilometern, fühlte sich dieser kleine Umweg für uns fast wie eine Pflicht an. Die Zahl der Besucher war überraschend gering, und so schafften wir es tatsächlich, gleich morgens um 7:30 Uhr die Kathedrale zu besuchen.

Von Santiago aus ging es entspannt bergab zurück an die Küste. Der Camino ließ uns nicht los – oder wir ihn nicht –, denn nun folgten wir dem Camino Portugués. Die Zahl der Pilger überraschte uns, ebenso der auffallend hohe Anteil deutscher Wandernder. Ganze Gruppen kamen uns entgegen, manche sogar klassische Wanderliedern singend.

Bei Cangas setzten wir mit der Fähre nach Vigo über und folgten weiter der Küste Richtung Portugal. Zwei stürmische Tage später erreichten wir schließlich bei A Guarda, den Grenzort zu unserem dritten Reiseland. Nur eine kurze Fährfahrt trennte uns von Portugal – doch das Schiff lag defekt und nutzlos am Strand auf dem Trockenen.

Zum Glück gab es eine pragmatische Lösung: Ein kleines Taxiboot pendelte zwischen den Ufern und brachte Pilger, Touristen und auch uns sicher auf die andere Seite.

Auf Wiedersehen, Spanien……

Morgens, gegen 07:30 Uhr, meldet sich das Handy. Spätestens nach dem dritten Snooze bewegen wir unsere müden Glieder: Aufsitzen, Recken, Strecken, Rücken beugen. Mittlerweile sind wir ein eingespieltes Team: Während Matthias die Räder startklar macht, verpackt Katrin Schlafmatten und Schlafsäcke. Nach dem Zeltabbau sind wir bereit zur Abfahrt.

Der Campingplatz liegt noch still da, die meisten schlafen tief und fest. Nur wir wuseln leise herum – und je nach nächtlichem Geräuschpegel hätte man manchmal große Lust, die Morgenruhe mit einem lauten Aufschrei zu durchbrechen…

Meist starten wir ohne Frühstück gegen 08:30 Uhr.
Das erste Ziel: eine Panaderia oder Cafeteria. Manchmal sind es nur zehn Minuten Fahrt, manchmal aber auch einige Höhen- und Kilometer. In dieser Phase sollte man Katrin besser nicht ansprechen.

Gestärkt mit einem Cafe con Leche, Croissant oder Ähnlichem sowie frisch gepresstem O-Saft geht es weiter. Die Oberschenkel brennen bis sie endlich warmgelaufen sind. Schmerz, lass nach.

Der 11:00-Uhr-Snack – ein am Morgen erstandenes Süßstück – wird meist gegen 12:00 Uhr einverleibt.

Der Inhalt einer der Vorderradtaschen von Matthias entscheidet, ob für das Mittagessen eingekauft werden muss. Etwa jeden zweiten Tag muss Nachschub her. In dünn besiedelten Gegenden ist sorgfältige Planung unerläßlich.

Gegen 13:30 Uhr, nach maximal 30–40 Kilometern, suchen wir einen Platz für die Mittagspause – oft gar nicht so einfach. Beliebt sind Kirchenvorplätze, Parks oder Bushaltestellen. Ein großes, gut gehegtes Stück Papier dient als Tischdecke. Darauf findet sich ein bunter Mix: Brot, Käse, Oliven, Gemüse, Avocado, Apfel, Banane oder was der Supermarkt gerade bzw. überhaupt im Angebot hat.

 

Danach liegen noch etwa ein Drittel der Tagesetappe vor uns. Da dieser Bericht nur den „ganz normalen Alltag“ schildern soll, sparen wir Landschaftseindrücke bewusst aus.

Nach Ankunft, Zeltaufbau und Waschritualen stellt sich die immer gleiche Frage: Abendessen. Gibt es etwas in der Nähe – zu Fuß erreichbar? Oder kochen wir selbst? Am besten ist die Entscheidung bereits vorher gefallen, sonst gibt es zur Not Nüsse oder Brot aus dem Vorrat. Geht auch.

Die Planung für den nächsten Tag steht noch auf der To-Do-Liste: Wohin? Wie weit? Wo einkaufen? Wo frühstücken? Zum Glück gibt es Google Maps & Co.

Und dann liegen wir schließlich gemütlich in unserem Zelt-Zuhause – müde, aber zufrieden. Wer nun an ruhiges Einschlafen denkt, täuscht sich. Jetzt lernen wir erst einmal unsere Zeltnachbarn kennen. Je nach Geräuschpegel schmieden wir zwar leise Rachepläne für den nächsten Morgen … aber irgendwann siegt doch der Schlaf.

Nachdem wir das schöne Baskenland hinter uns gelassen hatten, fiel uns dies zunächst vor allem an zwei Dingen auf: Zum einen fehlten die zusätzlichen baskischen Bezeichnungen auf Ortsschildern und Speisekarten, zum anderen verschwanden die im Baskenland nahezu allgegenwärtigen Plakate und Graffiti, mit denen für die angestrebte Unabhängigkeit geworben oder demonstriert wurde. Ein spürbarer Vorteil ergab sich zudem in ganz praktischer Hinsicht: Die Speisekarten waren nun nur noch in einer Fremdsprache verfasst und damit deutlich leichter zu übersetzen und zu verstehen.

Parallel dazu änderte sich auch die Gesamtsituation spürbar. Es wurde zunehmend voller – an den Stränden, in den Städten und vor allem auch auf den Campingplätzen. Hotels oder andere feste Unterkünfte waren zu erschwinglichen Preisen überhaupt nicht mehr zu bekommen. Wir näherten uns unübersehbar der „very high season“, was für uns bedeutete, spätestens um 15 Uhr am jeweiligen Tagesziel einzutreffen und dort noch mindestens drei Campingplätze zur Auswahl zu haben. An einem Tag konnten wir erst beim vierten Campingplatz unterkommen, wo uns zwei Plätze in einem für Pilger vorgesehenen Schlafsaal angeboten wurden. Wir nahmen dieses Angebot überglücklich an – zumal wir das Glück hatten, den mit Stockbetten ausgestatteten Raum ganz für uns allein zu haben.

Die Landschaft und die Strände entlang der Küste präsentierten sich in ihrer ganzen Schönheit, und während im übrigen Spanien eine extreme Hitzewelle herrschte, waren die Temperaturen hier im Norden für unsere Radtour nahezu ideal. Zum Baden allerdings war es oft eher kühl. Von den gleichzeitig wütenden großflächigen Waldbränden bekamen wir so gut wie nichts mit. Nur an einem Abend wehte der Wind etwas kalte Asche über die Berge bis zu uns, sodass unser Zelt am nächsten Morgen mit vielen kleine Ascheflocken überzogen war.

Unsere Route führte uns weitgehend entlang des nördlichen Jakobsweges, des „Camino de Santiago del Norte“. Immer wieder wurden wir freundlich mit einem „Buen Camino“ gegrüßt und zeigte uns dass wir auf dem richtigen Weg waren 🙂

Unsere Route verlief größtenteils entlang des nördlichen Jakobsweges, des „Camino de Santiago del Norte“. Unterwegs wurden wir regelmäßig mit dem traditionellen Pilgergruß „Buen Camino“ gegrüßt und dies bestätigte uns auch ohne Navigation, dass wir uns auf dem richtigen Weg befanden.

 

Heute haben wir den nördlichsten nordwestlichsten Punkt unserer Route auf der iberischen Halbinsel erreicht. Die Nordwestecke von Spanien ist sehr zerklüftet und es ist sehr schwierig einen Punkt auszumachen.

Für uns war Cedeira (43.6607861, -8.0537698) dieser Punkt und ab jetzt geht es für uns statt nach Westen in den Süden. Der Tacho zeigt mittlerweile 2570 km.

Der nördlichste Punkt war wie sich im Nachhinein herausgestellt hat „O Barqueiro“ (43.73676837397078, -7.705706181712261).

Heute ist Freitag, Maria Himmelfahrt und hier Feiertag – ein langes Wochenende lädt zum Strandbesuch. Blöde nur dass auch noch andere auf die Idee kommen 😀.

Bereits auf unserer Etappe heute herrschte Hochbetrieb auf den Straßen. Zum Glück fuhr die kilometerlange Kolonne in unsere Gegenrichtung. Ein paar sind dann wohl doch Richtung unserem Ziel gefahren.

Schaut selbst und findet Katrin ….

Freue mich auf die Kommentare, Auflösung am 17.08.

 

Hier die Lösung: Klaus und Mario haben sie gefunden. Auf dem Bild links oberhalb des großen orangenen Sonnenschirm ⛱️.

… geknackt.

Kurz vor Santander war es soweit und der Tacho sprang auf die neue Marke.

 

 


Unsere Route führt durch die vier Regionen, die gemeinsam das sogenannte „Grüne Spanien“ bilden: Baskenland, Kantabrien, Asturien und Galicien.

Mit dem schönen Aufenthalt in Ondres verabschiedeten wir uns auch von der größtenteils flachen Strecke entlang der französischen Atlantikküste. Bis zum Grenzübergang und unserer ersten Station im Baskenland in Hondarribia galt es moderate 500 Höhenmeter zu bewältigen – der Auftakt zu einer ganz anderen Landschaft.

  

Die Nacht und der folgenden Morgen brachte kräftigen Regen, irgendwo muss das Grün ja herkommen. Erst gegen Mittag starteten wir in der prallen Sonne direkt vom Campingplatz in den acht Kilometer langen Anstieg zum Jaizkibel. Eine wunderbare kleine Bergstraße, die sich in eleganten Kurven nach oben schlängelt. Wären da nicht ein paar „Wohnmobiltanker“, die ihr Gefährt trotz Beschränkung unbedingt hinauf- und wieder hinuntermanövieren müssen. Genug gemotzt, die folgende lange Abfahrt führte uns mehr oder weniger direkt zur Personenfähre in Donibane und das Übersetzen damit machte die Ankunft in San Sebastian zu einem besonderen Erlebnis.

In San Sebastian hatten wir ein Zimmer direkt am Platz vor dem Bahnhof Amara und das katapultiere uns direkt ins Herz des baskischen Nachtlebens, denn am nächsten Tag war ein lokaler Feiertag und das wurde mit einem Volksfest vor unseren Fenster laut, ausgiebig und lange gefeiert. Die letzte Band auf der Bühne hatte ihren Auftritt um zwei Uhr. Alles in allem nichts für lärmempfindliche Menschen und für uns nach wochenlanger doch eher ruhiger und teilweise einsamer Umgebung ein Kaltstart von null auf hundert.


Nach zwei kurzen Nächten zogen wir weiter und nach den ersten fünf Radtagen im Baskenland und rund 4.500 Höhenmetern erreichten wir Gorliz, einen kleinen Küstenort kurz vor Bilbao.

Dort klingelte das Telefon: Sabine war dran. „Wo seid ihr gerade?“ Sie, Ulf und Loutzi waren auf dem Weg nach Teneriffa und besuchten an diesem Abend eine Freundin im Nachbarort – kaum zehn Kilometer entfernt! Am nächsten Morgen kam es zum freudigen Wiedersehen mit unserem „Besuch“ aus Karlsruhe.

Nach einem langen Hallo und einem gemütlichen Frühstück setzten die drei ihre Reise zur Fähre nach Teneriffa fort, während für uns ein Besuch in Bilbao auf dem Programm stand.

Am nächsten Morgen hieß es für uns, Abschied vom Baskenland zu nehmen, und wir setzten unsere Reise in Richtung Kantabrien fort. Zuvor jedoch stand noch ein kleines Highlight auf dem Programm: die Schwebefähre von Bilbao. Dieses technische Schmuckstück, UNESCO-Weltkulturerbe, ist eine der letzten ihrer Art weltweit – ein besonderes Erlebnis.

Ein weiteres Highlight für uns Radfahrer waren die Rolltreppen und Rollbänder im Freien in Spanien, die wir zum ersten Mal nach der Fähre nutzen konnten. Ein paar Höhenmeter geschenkt nimmt man immer gerne mit 🙂

Bald darauf erreichten wir Kantabrien, die nächste Region im „Grünen Spanien“.

Auf unserer Fahrt durch das Baskenland begegneten uns viele Radfahrende. Anders als in Frankreich, wo uns fast jede Person zu Fuß oder auf dem Rad mit einem freundlichen „Bonjour“ grüßte, blieb auf unser „Hola“ oder ein Kopfnicken oft jede Reaktion aus. Was machten wir falsch? Wollten die Basken vielleicht gar nicht auf Spanisch gegrüßt werden?

Die Umstellung auf „Kaixo“, dem baskischen „Hallo“, brachte auch nicht den erhofften Erfolg. Nach einigen weiteren Versuchen fiel uns schließlich auf, dass manche Entgegenkommende statt mit dem Kopf zu nicken den Kopf kurz anhoben. Diese bei uns eher als provokative Form der Begrüßung empfundene Geste brachte schließlich den Erfolg. Ein kurzes Kopfhoch und schon gab es eine entsprechende Reaktion der entgegenkommenden Person.

Mit dem mündlichen Grüßen klappte es jedoch weiterhin nicht so recht, bis uns Vero schließlich den entscheidenden Tipp gab: „Aupa“ sei das bessere „Hallo“.

 

 

Hier ein kleiner Überblick über unsere Strecke durch Spanien – damit ihr euch besser vorstellen könnt, wo wir gerade unterwegs sind.

Stand 29.08.2025